Die etablierten Anbieter in den Bereichen Medizintechnik und Pharma haben die Digitalisierung entdeckt. Das ist erst mal eine gute Nachricht. Aber leider verstehen sie die Digitalisierung fast ausnahmslos als Zusatzangebote, die ihre klassischen Produkte unterstützen, etwa im Bereich der Therapiebegleitung oder des Krankheitsmanagements. Mit der Folge, dass die Investitionen insgesamt gering sind. Deloitte schätzt den deutschen Anteil an den globalen Digital Health Investitionen auf 0,5%. Damit liegen wir nicht nur Lichtjahre hinter den USA (75%!), sondern z.B. auch hinter China, Indien, Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden und Israel.
Da wundert es nicht, dass sich die “Big Five” der IT-Branche auch in Deutschland das Gesundheitswesen als zukünftiges Geschäftsfeld erschließen wollen. Dieser Plan ist nicht neu – sondern eher schon zwingend. Denn der Markt ist riesig, noch weitgehend analog geprägt und in vielen Ecken auch wenig effizient. Apple, Amazon, Facebook, Google und Microsoft arbeiten deshalb schon seit Jahren an Lösungen, die ihnen Zugang zu diesem Markt verschaffen. Und die sehen sehr unterschiedlich aus.
Microsofts Ziel sind Betriebssysteme, die Healthcare-Playern erlauben, Ihre Daten sicher in der Cloud zu speichern und zwischen Kliniken, Praxen und Patienten zu teilen. Google entwickelt über seine vielen Töchter z.B. Roboter für die Chirurgie, arbeitet aber auch an KI-gestützten Modellen zur Diagnose und natürlich an Big-Data-Modellen für Studien. Apple ist mit der iWatch schon länger in der Begleitung von Studien aktiv und Amazon schickt sich an, mit seiner Vertriebspower auch bei der Verteilung von Arzneimitteln mitzumischen. Nur Facebook scheint den Zug irgendwie verpasst zu haben – immerhin hat man erste Schritte in den Bereichen Sucht- und Suizidprävention gewagt.
Spannend dürfte es werden zu sehen, ob die „agile Entwicklung“ der IT-Branche auch in der Medizin funktioniert. Denn so ist es möglich, dass Software-Lösungen schnell in der Praxis erprobt und mit kurzen Software-Release-Zyklen kontinuierlich weiter entwickelt werden. In Pharma und Medizintechnik verläuft die Produktentwicklung dagegen entlang klar definierter Schritte zum finalen Produkt – aufwendige und teure Studien inklusive.
Welche Player in Zukunft welche Dienste anbieten, wird sich nicht zuletzt anhand der Kriterien für die zukünftige Produktentwicklung entscheiden.