Zuletzt hatten wir vor 14 Tagen von unseren Praxis-Erfahrungen mit der ePA berichtet (Link). Obwohl die Kassen seit Januar 2021 verpflichtet sind, ein solches Angebot für ihre Patienten vorzuhalten, war das 4 Wochen nach dem Start ein eher frustranes Erlebnis. Zum Teil, weil die Kassen selbst erheblich damit fremdeln. Zum Teil aber auch, weil in den Praxen die Infrastruktur zum Befüllen der Akten noch gar nicht läuft. Ja, das funktioniert aktuell nur in den Testregionen Westfalen-Lippe und Berlin, wurde uns auf dem kleinen Dienstweg daraufhin mitgeteilt. Ab dem 2. Quartal soll der große Rollout kommen.
Daran scheint zumindest die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) so ihre Zweifel zu haben, wie sie auf einer Pressekonferenz letzten Dienstag mitteilte. Demnach werden die technischen Komponenten vermutlich nicht rechtzeitig verfügbar sein. Von einer „Diskrepanz zwischen gesetzlichen Fristen und der Komplexität der Anwendungen“ ist da die Rede. Explizit genannt wurden in diesem Zusammenhang ePA-taugliche Konnektor-Versionen. Die notwendigen Updates würden teils erst zum Ende des zweiten Quartals erwartet. Stand heute liegt der schwarze Peter dann bei den Ärzten. Die müssen nämlich spätestens ab dem 1. Juli nachweisen können, dass sie die nötige Ausrüstung haben, um ePA zu befüllen. Sonst drohen Sanktionen.
„In den laufenden Prozessen ergeben sich immer neue Herausforderungen, die letztlich zu Verzögerungen führen. Daran müssen dann alle Akteure gemeinsam arbeiten“ zitiert die ÄrzteZeitung den stellvertretenden KBV-Bundesvorsitzenden. Das ist prinzipiell sicher richtig. Und aktuell ist in der Software-Branche ja ohnehin „agiles“ Arbeiten angesagt statt in Stein gemeißelter 3-Jahres-Projektpläne. Nur: Die Forderung nach einer ePA stand bereits 2003 im Planungsauftrag der damaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Sie wird Ende des Jahres quasi volljährig …
Großzügig will die KBV die Schuld daran nicht einseitig bei der Industrie sehen. Und das ist gut so, denn im Glashaus soll man bekanntlich nicht mit Steinen werfen. Und wer nach den Gründen sucht, warum in diesem endlosen Zeitraum so wenig passiert ist, wird schnell herausfinden: Die Ärzteverbände höchstselbst standen viele Jahre auf dem Bremspedal … mit beiden Füßen.
Zur Ehrenrettung der Selbstverwaltung kann man höchstens anführen, dass andere Branchen es genauso versemmelt haben. eGovernment, eSchooling, sogar eBussiness – wo denkst Du hin? In den meisten Digitalrankings steht Deutschland auf einem der hinteren Plätze. Und die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie haben das gnadenlos aufgezeigt. Gestehen wir uns ein: Wir Deutschen sind Digitalisierungs-Dummies.