Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gibt Gas. Vor zwei Wochen hatten wir seine Pläne für die onkologische Versorgung vorgestellt, die er auf dem Deutschen Krebskongress präsentiert hatte. Auf der Digital Health Conference des Branchenverbandes bitkom hat er letzte Woche jetzt ausführlich über seine Pläne für die Telematikinfrastruktur gesprochen.
Die Kernbotschaft: Den Konnektoren gehört die Vergangenheit und ein Stück weit noch die Gegenwart, die Zukunft aber einer Cloud- und Smartphone-basierten Informationslandschaft. „Die Infrastruktur ist oft veraltet, bevor sie genutzt wird“, stellte der Minister dabei treffend fest und kündigte ein großes Digitalisierungsgesetz für die erste Jahreshälfte 2023 an.
Den wichtigsten Punkt für die Umsetzung hatte er schon beim DKK herausgehoben: die Opt-out-Variante bei der elektronischen Patientenakte (ePA). Mit der einleuchtenden Begründung: „Sonst würde die ePA niemals in der Fläche ankommen“. Dass solche Rechnungen aufgehen, zeigt das Beispiel Finnland. Von rund 5 Millionen Bürgern, die krankenversichert sind, haben bei der Einführung der dortigen ePA weniger als 100 von der opt-out-Regelung Gebrauch gemacht.
Und beim Zeitplan heißt es jetzt: Bitte anschnallen. Noch in dieser Legislaturperiode soll es soweit sein und die ePA dann für alle Versicherten automatisch eingerichtet werden, so der Minister. Das habe die Gesellschafterversammlung der gematik am letzten Montag entschieden. Vergleicht man das mit den Fortschritten der letzten 20 Jahre, ist außerordentlich ambitioniert für den Zeitplan sicher noch maßlos untertrieben.
Und man braucht kein Prophet sein um zu ahnen, dass dieses Projekt am Ende der Legislaturperiode maßgeblich für das „Arbeitszeugnis“ sein wird. Schafft Lauterbach das, wird er als DER Digitalisierer in die Ministeriumsgeschichte eingehen. Ansonsten wird das gleiche gelten, wie für seine Vorgänger: Als Tiger gestartet und als Bettvorleger geendet.