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MedicalLearning – Blog zur Zukunft der medizinischen Information

Die Zukunft der pharmazeutischen Technologie: Nichts als Patentstreitereien?

12. September 2022

Seit Beginn der Corona-Pandemie wird heftig über die Patente für Impfstoffe gestritten. Sollen sie zugunsten von Entwicklungsländern ausgesetzt werden oder nicht? Zeitlich oder regional begrenzt vielleicht? Das betraf damals alle Anbieter von Impfstoffen, auch solche, deren Produkte erst in der klinischen Zulassung waren.

Jetzt boxen die Anbieter gegeneinander: Moderna verklagt BionTech / Pfizer, Curevac verklagt Moderna und BionTech / Pfizer und die wiederum wehren sich mit Feststellungsklagen dagegen. Eine ziemliche Klagerei. Der Hintergrund ist klar: Die mRNA-Technologie ist nicht nur für Impfstoffe vielversprechend, sondern auch in vielen anderen Bereichen wie der Onkologie. Und die zu erwartenden Umsätze gehen für die nächsten Jahrzehnte womöglich in die Billionen – ja, richtig gelesen. Billionen. Da lohnt es sich auf jeden Fall, heute schon mal in gute (Patent)-Anwälte zu investieren.

Die Sache ist aber äußerst komplex. Viele mRNA-Patente gehören nämlich öffentlichen Forschungseinrichtungen. Ganz vorne zu nennen ist da die University of Pennsylvania, aber auch das Imperial College in London und andere Institutionen. Die lizenzieren sie wiederum direkt oder über Rechtetransfer-Gesellschaften exklusiv oder nicht-exklusiv an die Pharmas und die bezahlen dafür mehr oder weniger viel Geld. Nature hat vor zwei Jahren einmal versucht, das in einer Übersicht zusammenzufassen (Link). Schon das war schwierig und seitdem ist es nicht einfacher geworden.

Es kann aber keine wirkliche Strategie sein, dass die Pharmaindustrie den Zugang zu grundlegenden medizinischen Entwicklungen so blockiert, dass zwei Drittel der Weltbevölkerung davon ausgeschlossen sind. Und dass die Regierungen der Länder mit großer Pharmaindustrie – darunter auch die deutsche – das kritiklos unterstützen. Patente sind ohne Frage ein Motor der medizinischen Forschung. Sie sollten aber besser mit einem Getriebe ohne Rückwärtsgang genutzt werden – zum Wohl aller.

Das hinzubekommen ohne das Patentsystem plattzumachen, dürfte ähnlich schwierig und von Widerständen geprägt sein wie die Einführung der Telematikinfrastruktur in Deutschland. Und trotzdem ist es genauso lohnend. Wer packt’s an?

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