Die Herausforderung, gute Medizin in der allgemeinärztlichen Praxis zu machen, kann durch den Aufbau neuer Strukturen angenommen werden. Hier ist nicht die Neu-Erschaffung des Rades, sondern nur konsequentes Handeln gefragt.
Für die moderne allgemeinärztliche Versorgung sind grundsätzlich die Bedingungen deutlich besser als in der Vergangenheit: es gibt genug PatientInnen, für einen Neufanfang werden vielseitige Hilfen angeboten und die Arbeitsbelastung ist wegen des flächendeckend bestehenden Notdienstes überschaubar.
Im Folgenden soll versucht werden, den Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit, ärztlicher Sorgfalt, Kundenorientierung und MitarbeiterInnenwohl zu bewerkstelligen. Neben der Auswahl und Formung des ärztlichen und nicht-ärztlichen Personals sollte die „Hardware“ einer Praxis einer Überprüfung unterzogen werden. Hier sollte eine Übereinstimmung von Anforderungen und Möglichkeiten der räumlichen Situation angestrebt werden, die Auswahl der Praxis-Software erfordert eine umfangreiche Erprobung, die Etablierung eines Praxis-Handbuches bzw. eines Qualitätsmanagements bedeutet zwar anfänglich eine große Herausforderung, aber in der Folge sind nur weniger zeitaufwändige Anpassungen an diesem Leitfaden für alle planbaren Abläufe vorzunehmen. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, Aufgabenfelder in die Verantwortung weniger Personen zu geben, ohne diese Bereiche völlig aus dem Blickfeld des Teams zu nehmen.
So könnten im Praxisalltag schon bei der Terminvereinbarung unter Beachtung des Datenschutzes für das Vorfeld des Termins Vorkehrungen getroffen werden (erste Fragen, beim Eintreffen Anamnesebogen vorbereiten, im PC passende Maske aufrufen, PatientInnen zum Mitbringen von Befunden, Proben etc. auffordern, Zuweisung zu passendem ärztlichen Personal, Einplanung spezieller Untersuchungen etc.), so dass die Versorgung in der Praxis zielführender, effektiver und erfolgreicher ablaufen kann. Diese Planungen erfordern auch einen gewissen Ausbildungsgrad der Beteiligten. Spezielle Fertig- und Fähigkeiten benötigen auch eine Fortbildung für diese Spezialgebiete. Für alle anderen im Umfeld Beteiligten bedeutet es eine Basisausbildung, um für alle Belange eine Art differentialdiagnostische Betrachtung vornehmen zu können. Dieses Fortbildungsziel sollte dabei nicht nur das nicht-ärztliche Personal betreffen, sondern auch für die ÄrztInnen neben der Vertiefung des Kenntnisstandes im Bereich der Spezialgebiete als Steckenpferd kann eine Etablierung gewisser Algorithmen für einzelne Symptome und Symptomkomplexe in Anlehnung an die gültigen Leitlinien dienlich sein.
So kann jede/r hausärztliche Tätige seiner Lotsenfunktion gerecht werden, indem er selbst die Ursache von Beschwerden herausfindet, an eine/n Kollegin/Kollegen in der eigenen Praxis weitergibt oder in eine andere Einrichtung überweist, in jedem Fall haben die PatientInnen das Gefühl, umfassend und richtig versorgt zu werden.
Bei einer guten Organisation bedeutet dies keinen zeitlichen Mehraufwand, aber ein Plus an PatientInnen- und MitarbeiterInnen-Zufriedenheit bei nahezu optimaler Ressourcen-Ausnutzung und betriebswirtschaftlichem Erfolg.
Autor: Dr. med. Alexander Voigt, Würzburg
Seit fast vierzig Jahren im Gesundheitswesen tätig, schloss Dr. Voigt 2023 nach 24 Jahren seine Hausarztpraxis ohne Nachfolger, da sein Verständnis von hausärztlicher Tätigkeit mit sprechender Medizin, Lotsenfunktion und umfassender Versorgung vor Ort inklusive Diagnostik immer mehr in den Hintergrund rückte. Er ist überzeugt, dass man auch in kleinen Praxen mit einer gesunden Work-Life-Balance gute Medizin machen und zufrieden leben kann.
Bild: DALL-E für arztCME