Ein KI-gestütztes EKG kann Geschlechterunterschiede in der Herzgesundheit aufdecken und Frauen mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko identifizieren.
Eine neue Studie zeigt, wie maschinelles Lernen die medizinische Diagnostik revolutioniert und zur präziseren Risikobewertung beiträgt. Frauen sind in der Kardiologie oft unterversorgt, da traditionelle Risikomodelle biologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern nicht ausreichend berücksichtigen. Eine neue Studie, veröffentlicht in The Lancet Digital Health, hat ein künstliche Intelligenz (KI)-gestütztes Modell entwickelt, das mit hoher Genauigkeit das Geschlecht anhand von 12-Kanal-EKGs identifizieren kann. Dabei wurde ein sogenannter Sex-Discordance-Score ermittelt – die Abweichung zwischen dem KI-geschätzten und dem biologischen Geschlecht.
Die Studie analysierte mehr als 1,16 Millionen EKGs aus einem Bostoner Krankenhaus und validierte die Ergebnisse mit Daten aus der britischen UK Biobank. Die Forscher stellten fest, dass Frauen mit einer höheren Sex-Discordance ein signifikant erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse hatten, insbesondere für Herzinfarkt und Herzinsuffizienz. Männer zeigten diesen Zusammenhang nicht. Der Sex-Discordance-Score ist ein neuartiger KI-EKG-Biomarker, der in der Lage ist, Frauen mit einem unverhältnismäßig hohen kardiovaskulären Risiko zu identifizieren. Die Integration solcher KI-Modelle in die klinische Praxis könnte dazu beitragen, Geschlechterungleichheiten in der Herzmedizin zu verringern und personalisierte Behandlungsstrategien zu ermöglichen.
Quelle: Sau A et al. Artificial intelligence-enhanced electrocardiography for the identification of a sex-related cardiovascular risk continuum: a retrospective cohort study. The Lancet Digital Health, Vol 7, March 2025, e184–e194.
Text: Redaktion arztCME
Bild: DALL-E für arztCME