Noch vor zehn Jahren war medizinische Information ohne die großen Medizin- und Wissenschaftsverlage undenkbar. Denn wer es in diesem Bereich zu etwas bringen wollte, brauchte Publikationen in etablierten Zeitschriften. Veröffentlichungen bei internationalen Informations-Konzernen wie Elsevier und Springer oder bei deutschen Traditions-Verlagen wie Thieme oder dem Deutschen Ärzte-Verlag waren wichtige Karrieresprungbretter.
Waren. Denn hier ist der digitale Umbruch bereits in vollem Gang. Dr. Rafael Ball, Bibliotheks-Direktor der ETH Zürich, formuliert es im Buch Die Zukunft der medizinischen Information so: „Die Veränderung … wird auch die Beurteilung der Leistung eines Wissenschaftlers neu definieren. Im Zeitalter der liquiden Dokumente wird sich niemand mehr auf einzelne Erkenntnisstückchen und Mosaiksteinchen berufen können, die er oder sie zum Erkenntnisfortschritt beigetragen hat.“
Und was tun die Verlage? Statt sich wie Apple ständig neu zu erfinden, auch wenn es dem alten Kerngeschäft zunächst weh tut, spielt man auf Zeit. Ein bisschen so wie Kodak, als die ersten digitalen Kameras auf den Markt kamen. Dort wurde man nicht müde, den großen Qualitätsvorsprung des analogen Films zu betonen – statt das eigene Knowhow für die Entwicklung von Zukunfttechnologien zu nutzen. Ende bekannt …
Lorenz M. Hilty, Professor am Institut für Informatik der Universität Zürich, hat das Thema Was leisten Wissenschaftsverlage heute eigentlich noch? in einem Selbstversuch aufgegriffen. Und seine Erfahrungen auf netzpolitik.org zugänglich gemacht.