In der letzten Woche hatten wir einen Blick auf die Buchverlage geworfen (Buchverlage ohne Zukunft, s.u.) und ein wenig über deren Zukunft spekuliert. In dieser Woche wollen wir das gleiche mit den Wissenschaftsverlagen tun. Und haben wir letzte Woche den Branchendienst High Text iBusiness als Aufhänger genommen, so ist es dieses Mal das Börsenblatt, das einen Blog für Digitales namens Bookbytes unterhält [1].
Unter dem Titel Was auf die Wissenschaftsverlage zukommt kommentierte Sven Fund dort die Entwicklungen innerhalb der EU-Komission und die Chancen und Risiken von Open Access. Trotz aller Versäumnisse der letzten Jahre kommt er dabei zu dem Schluss: “Es gibt keinen Grund zur Verzweiflung. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, etablierte Modelle zu prüfen und neue für das eigene Programm zu entwickeln und rasch einzuführen.”
Auch Arnoud de Kemp, der als Geschäftsführer des AKA-Verlags jedes Jahr die Konferenz Academic Publishing in Europe veranstaltet, sieht das Bedrohungspotenzial von Open Access gelassen: “Im Endeffekt ist es ja nur eine andere Finanzierungsform der Publikation. Statt der Bibliotheken zahlen dann die Autoren für die Veröffentlichung in Form von Archival Processing Charges, APCs. Die Verlage übernehmen dafür die Verpflichtung, die Werke verfügbar zu halten“ [2].
Alles also halb so wild? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Entscheidend wird es sein, ob die Wissenschaftsverlage es schaffen, neue Modelle z.B. für liquide Dokumente zu entwickeln, die nicht von einem Autor oder einer Autorengruppe erstellt werden, sondern von einer mehr oder minder großen wissenschaftlichen Community. Für die Wissenschaft ist ein solcher integrativer Ansatz ein großer Gewinn – und dass man auch als Community erfolgreich sein kann, ist längst unstrittig. Stellt sich nur die Frage, ob die Verlage diese Entwicklung gestalten können. Oder ob sie von der Entwicklung einfach mitgerissen werden …
- boersenblatt.net/bookbytes
- Reinhard Merz, Wolfram Wiegers (Hrsg.): Die Zukunft der medizinischen Information. 2. Auflage, 2016 (in press)